ÜBER Drogensüchtige wird viel gesprochen: In den Medien, in von Ärzten geführten Fachvorträgen  und hinter vorgehaltener Hand. Betroffene kommen dabei selten zu Wort. Sie haben kaum die Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge zu schildern und aufzuzeigen mit welchen Problemen sie im Alltag zu kämpfen haben. Der Verein „Drogenselbsthilfe Vorarlberg“ hat sich zur Aufgabe gemacht dies zu ändern. Die MARIE hat mit dem Vereinsvorstand gesprochen.

Im Headquarter, im Aufenthaltsraum des „do it yourself” in Bludenz, sitzt der Vereinsvorstand zusammen, um die neuesten Aktivitäten, vor allem aber die aktuelle Vorarlberger Drogenselbsthilfetagung, zu besprechen. Zwei Tagungen gab es bereits, gemeinsam veranstaltet mit den Vereinen „Ex und Hopp, do it yourself und Starke Süchtige“. Diese Tagung ist die erste, die sie alleine organisieren. Die Köpfe rauchen, die Anwesenden sind konzentriert. 

Aus dem seit Anfang 2015 bestehenden  Netzwerk Drogenselbsthilfe Vorarlberg (bei dem VertreterInnen der Vereine Ex und Hopp, do it yourself und Starke Süchtige aktiv waren)  ist vor einem Jahr der Verein „Drogenselbsthilfe Vorarlberg“ hervorgegangen. Obmann Peter Moranduzzo erläutert die Anliegen des Vereins: „Wir wollen die vielfältigen Probleme von suchtkranken Menschen und ihrer Angehörigen aufzeigen. Unser Ziel ist es, das Verständnis für diese Menschen in unserer Gesellschaft zu verbessern. Vor allem geht es uns aber darum, Menschen eine Stimme zu geben, die sonst selten oder nie zu Wort kommen.“ Was sie vermeiden wollen ist die Stigmatisierung und Diskriminierung von Drogengebraucher/innen. Die Aufklärung der Bevölkerung ist dabei ein wichtiger Schlüssel, den sie selbst in die Hand nehmen.


Am 16. Jänner veranstaltet der Verein
deshalb die 3. Drogenselbsthilfe Tagung im Pfarrsaal Feldkirch-Tisis. Bei dieser Tagung wollen sie auf die momentane Vorarlberger Drogenpolitik eingehen. Referent/innen sind die Betroffenen selbst und diese greifen Themen aus ihrer Lebensrealität auf, etwa die Unterdosierung bei der Substitution (Drogenersatztherapie). Monika, eine der Referentinnen, meint dazu: „Die Gesetzeslage bietet hier sehr viel Interpretationsspielraum. Es ist in Vorarlberg schwierig eine Dosiserhöhung zu bekommen. Das ist vor allem für Menschen, die schon lange im Programm sind, ein Problem. Die Folge ist, dass sie durch die jahrelange Benutzung des Substitutionsmittels unterdosiert sind. Es gibt die Angst, dass mit der Dosiserhöhung Handel betrieben wird. Mit einer Erhöhung kann der Patient jedoch zur Ruhe kommen. Und das nicht nur körperlich sondern auch im Kopf.“
Ein weiteres Thema ist die
gescheiterte Cannabispolitik. „Mit einer Legalisierung von Anbau und Besitz zum Eigenbedarf könnte die Drogenmafia zurückgedrängt, die Konsumentensicherheit erhöht und der Jugendschutz wesentlich verbessert werden.  diese Droge nur Volljährigen verkauft und im Jugendschutz integriert werden. Momentan kann jeder diese Droge nur illegal bekommen, egal wie alt er ist. Mit einer Legalisierung wäre die Kontrolle viel einfacher. Die skandinavischen Länder, Uruguay,Holland, Tschechien, Portugal und andere Staaten haben da schon wichtige Schritte getaninteressante Modelle entwickelt und durch diese Politik viel Erfolg. Ob jetzt das holländische Modell von Vereinen die Lösung ist, müsste man sich im Detail anschauen. Welches Modell in Österreich praktikabel wäre, möchten wir bei der Tagung diskutieren“, so Thomas. Renate geht im dritten Vortrag auf die Betreuungsprogramme beim Entzug von Opiaten ein. Ein Blick in die anderen Bundesländer lohnt sich. In Graz gibt es gute Erfahrungen mit der richtigen Einstellung von Substitutionsmitteln. In Hall in Tirol betreibt man eine vorbildliche Entzugsklinik, so berichten die Vorstandsmitglieder Renate und Monika. „Wir wollen selbstbestimmt unsere Sicht der Dinge zum Thema Drogen darstellen.“ So die beiden abschließend. 

Als Einstieg in den Abend wird ein Ausschnitt aus dem 2016 erschienen Film „LENNOX – Leben ohne Heroin“ gezeigt, einer österreichischen Produktion von Petra Hinterberger. Die Veranstaltung, die von 18  bis 22 Uhr angesetzt ist, ist kostenlos. Um eine formlose Anmeldung bis zum 10.1.2020 wird unter drogenselbsthilfe.vorarlberg@gmail.com gebeten. 


Eingeladen sind neben Martina Rüscher, Landesrätin für Gesundheit, Drogenkoordinator Thomas Neubacher und Landessanitäts
direktor Dr. Wolfgang Grabher, alle Amtsärzte und auch VertreterInnen von Ämtern und Behörden, Suchtbehandlungs- und Fachstellen, Apotheken, Therapieeinrichtungen, Krankenhäusern und alle Interessierten.

„Wir suchen das Gespräch mit den politischen Vertretern und Verantwortlichen, damit wir die Situation für Vorarlberg verbessern können. Wir brauchen eine wissenschaftlich fundierte und integrative Drogenpolitik, statt Repression. Das ist unser großes Anliegen.“, so Obmann Peter Moranduzzo. Selbstbestimmung soll kein Selbstzweck sein. Das Handeln in diesem Verein bietet die Chance, durch Aufklärung und politische Lobbying Arbeit das Thema Drogen und Drogensucht in Vorarlberg ein Stück weiter zu bringen. Diese politischen Verbesserungen und die Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung sind immens wichtig, um die Drogenpolitik zu optimieren und die Menschen so anzunehmen, wie sie sind.  

Regelmäßiges Angebot: Ab sofort können sich Betroffene jeden 3. Freitag im Monat um 10 Uhr im Raum der Selbsthilfe Bludenz/Füranand, Untersteinstraße 8 treffen.

Kontaktdaten:

Drogenselbsthilfe Vorarlberg

0660/947 62 58

drogenselbsthilfe.vorarlberg@gmail.com